Brief 17:

Nachwort zum Podcast kurz vor der Europa-Wahl

 

 

6. Juni 2024 

 

 

Ma chère, 

 

 

Meine Briefe an Dich mitten in Corona, als die Welt verrückt zu werden schien, als sie sich spaltete in Corona-Leugner und Impfbefürworter, als unser Telefonat zum neuen Jahr 2022 all die Sorgen in mir auslöste, dass wir uns streitend über Corona ablenken von der Bekämpfung des Klimawandels -  wie scheint das jetzt lange her! Und wie nah ist es trotzdem!

 

Mein Eindruck, dass unsere Demokratie und die Grundwerte unserer freien Gesellschaft in eine Schieflage kommen: was wir damals sorgenvoll spürten, es hat sich ausgeweitet und verfestigt! Die Corona-Epidemie und all das, was dann noch obendrauf kam, sie sind tatsächlich zu einer Epidemie der Politikverdrossenheit geworden. Gewaltbereite Übergriffe auf Politiker und sonstige Vertreter des Staates haben sich hier verdoppelt. Antisemitische Gewalttaten ebenso. Ist es bei Euch auch so?

 

Trumps Lügen haben Schule gemacht

 

Die Fakenews, das Lügen, das Trump auf die Spitze trieb, weltweit hat das Schule gemacht. Gerade sagte mir ein Anwalt, es käme jetzt viel öfter vor, dass Leute vor Gericht einfach schamlos lügen. Früher hätte man sich das nicht so getraut. Lügen und Populismen sind Normalität geworden - im Alltag, und erst recht in der Politik. 

 

Aber wenigstens wir beide haben uns schon im April nach unserem Telefonat, in dem auch wir uns zu spalten drohten, wieder gefunden :-) Und war es nicht ein tolle Ironie der Geschichte, dass wir Corona dann ausgerechnet an der Feier Deines 60. Geburtstags bekamen, es womöglich sogar selbst dort reingetragen haben, erwischt auf der Zugfahrt zu Euch. 

 

Für Bodo und mich war es durch die Impfung ja nicht schlimm, einfach eine Art stärkere Erkältung. Zum Glück, viele andere Menschen hat es so viel schlimmer erwischt. Ich habe eine Freundin, die kämpft seit eineinhalb Jahren mit Long Covid und ich habe auch tendenziell das Gefühl müder zu sein als früher. Die Welt, sie ist anstrengender geworden. Das macht auch müde. 

 

Aber Du, geimpft und schon einmal krank, hast Dich an uns damals zum Glück nicht noch mal neu bei uns angesteckt. Wir konnten uns einfach bei Euch auskurieren. Wirklich bemerkenswert cool, wie Du reagiertest, als der Test bei uns die rote Linie zeigte. 

 

Corona - nur ein Sturm im Wasserglas? 

 

Corona, also nur ein Sturm im Wasserglas? Ich fürchte nicht. Gerade hatte ich meine 2. Infektion und die war schlimmer. Hattest Du es auch schon mehrfach? Nun habe ich eine Ahnung bekommen, was es meiner Freundin Long Covid geht. Matsche im Kopf, massive Krafteinbrüche und "Alles zuviel" habe ich jetzt erlebt, zum Glück war das nach drei Wochen wieder vorbei, aber  . es hat mich schon schockiert. Nee, das Virus ist weiter unter uns - wir müssen damit leben, werden aber sicher nicht mehr massenhaft dran sterben wie am Anfang. 

 

Aber wann wird uns die nächste Pandemie ereilen? Mit den weltweiten Reisen und all den Transporten in dieser globalisierten Welt geht jede Viren-Verbreitung so unglaublich schnell. Die Globalisierung auch mit all dem irren Warentransport ist eine  Entwicklung, ich glaube nicht, dass sie so weiter gehen kann. Unsere Resourcen sind begrenzt. Wir müssen lernen wieder lokaler zu produzieren und zu konsumieren. Ich versuche genau wie Du darauf zu achten in dem, was ich kaufe. Ist natürlich in dieser globalisierten Welt nicht so einfach. Aber mit der solidarischen Landwirtschaft hier, wo wir all unsere Gemüse von einem lokalen Bauern beziehen, finde ich das schon ziemlich gut. Es zeigt mir, es ist absolut möglich, sich lokal zu ernähren. Man hat dann nicht immer alles, aber dafür saisonal und kann sich drauf freuen. Aktuell halt keine Tomaten aufs Brot, dafür knabbere ich jetzt Kohlrabi, Radieschen und esse viel Salat. Na, Du lebst ja so schon immer mit Deinem Gemüsegarten. Für mich ist das eine schöne Neuentdeckung. 

 

Vom Virus Demokratiefeindlichkeit zur weltweiten Verhetzungs-Pandemie

 

Ja, und die Pandemie in unseren Köpfen? Wer damals Coronaleugner war, ist jetzt Putinversteher, sagte eine Freundin dieser Tage. Die Muster und Verbindungen, die damals entstanden sind, sie wirken fort. Das Virus der Demokratiefeindlichkeit, es hat sich zu einer weltweiten Verhetzungs-Pandemie ausgewachsen. 

 

Als wir Dich im April 2022 besuchten, war Corona über Putins Überfall auf die Ukraine schon in den Hintergrund gerückt. Erst war unsere Ampel voll mit Corona beschäftigt, dann wurde sie nur fünf Monate, nachdem sie angetreten ist, von Putins hybridem Krieg in Anspruch genommen. All das überdeckte von heute auf morgen das Corona-Virus. Dank der Impfungen war es da aber auch schon auf managebares Niveau geschrumpft. 

 

Klimawandelbekämpfung mit dem Ukrainekrieg erneut im Hintergrund 

 

Tja, und mit dem Ukrainekrieg kam dann schon wieder die so nötige Klimawandelbekämpfung ins Hintertreffen. Jetzt laufen Milliarden aus diversen Ländern in die Verteidigung der Ukraine statt in den Umbau von Industrie und Gesellschaft hin zum postfossilen Zeitalter. Und die Bomben und Panzer, Ihre ständige Neuproduktion, das alles verbraucht unsere endlichen Ressourcen, erzeugt völlig unnötig CO2. Die Bomben und Panzer, der Krieg, all das traumatisiert und verstört nicht nur die, die direkt betroffen sind. Auch uns, die wir nur zuschauen, uns spaltet es weiter.

Menschliche Existenzen werden zerstört und ganze Städte. Natur und Ackerland wird verwüstet. Ich finde einfach unsäglich aus der Zeit gefallen, was Putin verfolgt, in jeder Hinsicht, ein alter weißer Mann. Aber man die Ukraine doch einfach der Aggression Putins überlassen. Leute wie er fühlen sich ermutigt, wenn man ihnen keine Grenzen setzt. Mit Hitler war es genauso. Frieden schaffen ohne Waffen - was für eine schöne Idee! Aber in einer Welt mit Waffen und mit skrupellos egomanischen Machtmenschen funktioniert sie nicht.

Ja, die nötige Abgrenzung über die wir zuletzt im privaten Bereich so ausführlich sprachen - in der Politik gilt das genau so. 

 

Gewalt erzeugt Gewalt 

 

Dann, seit dem 7. Oktober letzten Jahres der nächste furchtbare Krieg: Katastrophal, dieses perverse Massaker der Hamas, die schlimmste Attacke seit dem Holocaust auf die eh schon traumatisierten Juden. Doch dann die Reaktion der rechten Regierung von Netanjahu - noch so ein weißer alter Mann: schon jetzt über 30.000 Tote in Gaza. Das wird doch nur weitere Racheakte auslösen. Gewalt erzeugt Gewalt. Herrje, das weiß man doch!

 

Weltweit sind die antisemitische Gewalttaten massiv gestiegen. Und die Geiseln, wegen denen das alles begonnen wurde, sind immer noch nicht frei, einige sogar von israelischen Soldaten im Eifer Gefechts erschossen. Es ist einfach nur schrecklich! Ich habe jüdische Freunde, die die Politik von Netanyahu sehr kritisieren. Doch der typische Kurzschluss ist schnell gemacht: seine Politik wird mit „den Juden“ gleichgesetzt. Und schon ist der nächste Antisemitismus in der Welt. 

 

Auch unsere Politik müsste hier differenzierter hinschauen. Wenn man völlig unkritisch akzeptiert, was die israelische Regierung tut, kann auch das Antisemitimus auch Vorschub leisten. Gleichwohl ist es natürlich wirklich sehr schwer, wenn sich gerade die Deutschen vorwagen, hier zu kritisieren. Bei unserer enormen historischen Schuld - schwierig, schwierig! 

 

Hier ist ein guter Artikel von Wolf Iro aus der Frankfurter Rundschau vom 24.5.24, der das differenziert untersucht: 

 

"Wie reden wir über Israel? 

Vom Überfall der Hamas, der Reaktion der Netanjahu-Regierung, dem Protest auf der Berlinale bis zum Runden Tisch des Bundespräsidenten"

https://www.fr.de/kultur/gesellschaft/das-komplizierte-und-das-einfache-93087365.html

 

 

Eine einfache Frau mit dem Herz und der Weisheit eines Ghandi 

 

Hier in Solingen gibt es jetzt den Mevlüde-Genç Platz. Mevlüde Genç, eine einfache Migrantin aus der Türkei, kam 1973, mit 30 Jahren als Akkordarbeiterin nach Deutschland. Obwohl 1993 Neonazis  ihr Haus anzündeten, in dessen Flammen zwei ihrer Töchter, zwei Enkelinnen und eine ihrer Nichten starben und ihr Sohn zum Krüppel wurde, hat sie sich ihr Leben lang für Versöhnung und gegen Rassismus eingesetzt. Sie war eine Muslima, die in ihrer Religion diese Friedensbotschaft fand und die sie hochhielt: 30 Jahre lang bis zu ihrem Tod im Oktober 2022 hat sie das immer wieder betont. Sie hat trotz dieses furchtbaren Verlustes zu Frieden und Versöhnung aufgerufen. Eine einfache Frau mit dem Herz und der Weisheit eines Ghandi oder Nelson Mandela. Netanyahu und die rechte Regierung in Israel, die verstehen das nicht ...

 

 

Ich schicke Dir heute den Link zur Podcast-Fassung unserer Briefe. Wie Du weißt, habe ich sie nicht selber produzieren können, weil mir der Klimawandel mit der Überschwemmung meines Kellers einen Strich durch Pläne gemacht hat. Ich habe die Produktion des Podcasts dann in andere Hände abgegeben. Im Frühjahr 2023 hat eine Dramaturgin den Text auf die aktuelle Lage bezogen gekürzt. Da schien Biden gut im Sattel, Trump ein Stück ver-rückter amerikanischer Vergangenheit. 

 

Warnung vor der Zerstörung der amerikanischen Demokratie

 

In meinem ersten Brief an Dich - erinnerst Du Dich noch? -  da schrieb ich Dir von einem Artikel aus Kanada, in dem ein Politikwissenschaftler warnte, Kanada und die Welt müsse sich vorbereiten auf die Möglichkeit, dass Trump wiederkehrt und dass damit die amerikanische Demokratie den Bach runtergehen könnte. Wie recht der doch hatte! 

 

Vor einem Jahr schien das so weit weg, das man diese Sorgen weglassen konnte. Als ich Dir meine Briefe schrieb, war Trump von Twitter ausgesperrt worden. Sein dummes Geplapper hatte aufgehört, die Schlagzeilen zu füllen. Es gab damals lediglich 1. Ankündigungen, dass er eine eigene Plattform gründen wolle. Nun gibt es die. "Truth Social" heißt sie und Trump ist gerade auch mit einem Account bei Tiktok einstiegen und sofort folgen ihm dort 1,9 Millionen Menschen. Unglaublich.

 

Und Twitter gehört jetzt Elon Musk, heißt X und dort blühen jetzt noch mehr Fake-News, Populismen und Hass als vorher. Und wenn Trump wieder Präsident werden sollte, dann hat er schon angekündigt will er Elon Musk zum Berater machen. Ich werde definitiv nie einen Tesla kaufen. 

 

Was damals zu ahnen war - vor einem Jahr war es kurz ein bißchen aus dem Fokus gerutscht. Jetzt ist es manifest: Die Neue Rechte hat sich über das Internet weltweit weiter vernetzt.

 

Entfesselte Gewalt ist ihre Sprache. Unsere Sprache, das ist bekannt, prägt unser Denken, unsere Wahrnehmung der Welt und damit unser Handeln. Und auf Worte folgen meist irgendwann Taten … „Im Anfang war das Wort" ...

 

Trump droht mit Blutbad, wenn er die Wahl verliert

 

Vor einem Jahr noch unwahrscheinlich : Trump ist nun der Präsidentschaftskandidat der Republikaner - Biden hat trotz seines Alters keinen Nachfolger aufgebaut - ein katastrophales Versäumnis. Immer geht es um Macht, ums Nicht-Loslassen-Können, ums Sich-unersetzlich-Fühlen", um ich ich ich. 

 

Vor einigen Wochen hat Trump in einer Wahlkampfrede in Ohio das wahrscheinliche Ende der amerikanischen Demokratie angekündigt. „Wenn wir diese Wahl gewinnen", sagte er seinen Anhängern, "glaube ich nicht, dass es in diesem Land noch eine Wahl geben wird.“ 

 

Und wenn er diese Wahl verlieren würde, dann drohte er mit einem Blutbad. Die bevorstehende Präsidentschaftswahl am 5. November, sie werde „der wichtigste Tag in der Geschichte der USA werden“, versprach er in seiner üblichen Superlativ-Verliebtheit, die wir einst absurd fanden.

 

Es ist in der Tat zum Gruseln: Seine Fans, sie stehen hinter ihm wie hinter einem Lektenführer, egal, was er sagt oder womöglich gerade weil er solche Sachen sagt? "Wenn ich jemand auf der Straße erschieße, man wird mich trotzdem wählen“, sagte er im letzten Wahlkampf. Erinnerst Du Dich noch? Und alle dachten wir: „Was ist das für ein Clown, glaubt der ernsthaft, dass die Leute ihn wählen werden?“ 

 

Auch Hitler hat all die Ungeheuerlichkeiten, die er später umgesetzt hat, in „Mein Kampf“ angekündigt und er wurde gewählt. 

 

Ist die Menschheit eigentlich noch zu retten? Wie blöd kann man denn sein, sein Kreuzchen bei so einem zu machen oder bei all den Leuten, die unsere Demokratie schwächen wollen, bei AFD, Le Pen, Zemmour, Orban, Salvini, Meloni .... ? Ja, es gibt sie in der Tat, die, die bereit sind, diese Kreuzchen zu machen. Und sie werden immer mehr. 

 

Verfassungsänderungen, die nachwirken

 

Wer mir da Hoffnung macht, sind die Polen. Sie haben doch tatsächlich der rechten PIS ein Ende bereitet. Aber Donald Tusk hat immer noch schwer zu kämpfen mit allem, was institutionell verändert wurde in dieser PIS-Zeit und mit dem PIS-getreuen Präsident Duda, der ihm dauernd Steine in den Weg legt. 

 

Auch bei uns gibt es solche Veränderungen. Im bayrischen Landtag haben CSU, Freie Wähler und AFD gemeinsam zwei AFD-Kandidaten zu ehrenamtlichen Verfassungsrichtern gewählt, also den Bock zum Gärtner gemacht. Nur SPD und Grüne haben dagegen gestimmt. Die AFD rutscht also mit Hilfe der Partei, die früher unsere Mitte war, schon jetzt immer tiefer in unsere Institutionen. Es ist echt nicht zu fassen! 

 

Die Potsdam-Runden der Ultrarechten 

 

Bevor die November-Runden der Ultrarechten in Potsdam und in Bayern im Januar 2024 bekannt wurden, waren es tatsächlich bundesweit 23 Prozent der Deutschen, die bereit waren, der AFD ihr Kreuz zu geben. In Thüringen droht der rechtsradikale Flügel des Björn Höcke weiter die Mehrheit zu bekommen, ich denke, man könnte ihn mit Eurem Eric Zemmour vergleichen.

 

Dabei sind es gerade diejenigen, die die AFD wählen, die besonders durch deren Politik benachteiligt würden. Denen ist ganz offenbar nicht klar, was sie da wählen. Hier mehr dazu:  https://afdnee.de/

 

Auch informieren sich immer weniger Menschen noch in den öffentlichen Medien, TikTok ist die neue Brille, durch die die Welt betrachtet wird, offenbar vor allem von vielen Jugendlichen. 

 

In den Gesprächsrunden in Potsdam, an denen AFD- und sogar CDU-Leute und solche der sogenannten „Werteunion" teilnahmen, wurde überlegt, wie man die Migranten in Deutschland mit Gewalt wieder vertreiben könne. Hier eine sehr beeindruckende Nachinszenierung dessen, was das Correctiv-Netzwerk über diese Geheimtreffen aufgedeckt hat. https://www.berliner-ensemble.de/correctiv

 

40% unserer Bevölkerung haben einen Migrationshintergrund. Eine völlig absurde Vorstellung, diese zu vertreiben. Es würde alles zusammenbrechen, wenn 40% von uns „ausgesondert“ würden. Allein dieser Gedanke des Aus-Sonderns, des Sich-Erhebens über andere, die qua Geburt weniger wert sein sollen, also „weg sollen“ - er ist einfach nur furchtbar. 

 

 

"Fremdenfeindlichkeit? - Nein, das ist Rassismus!"

 

Dieser Tage in einer Talk-Runde im Radio meldete sich eine in Deutschland geborene Frau, deren Familie aus der Türkei stammt. Sie bat, man solle bitte aufhören über „Fremdenfeindlichkeit“ zu reden. Sie sei keine Fremde. Sie sei hier geboren. Deutsch sei ihre Muttersprache. Sie zahle hier ihre Steuern. Sie habe hier ihren Platz. Aber sie erlebe immer wieder Vorurteile und Ablehnung, weil sie dunkle Haare habe und eben nicht blond und blauäugig sei. Man solle doch bitte nur noch von „Rassismus“ reden. Wie recht sie hat! 

 

Und was für eine blöde Frage, Leute mit dunklen Haaren zu fragen, wo sie herkommen? Ich hatte das gerade dieser Tage in einem Geschäft gemacht. Zwei junge Männer, die mir ein Elektrogerät verkauften, habe ich gefragt, ob sie aus Syrien seien. Ich wollt eigentlich meiner Freude Ausdruck verleihen, dass sie offenbar gut angekommen sind hier. Sie sagten dann, sie seien Türken, hier geboren. Damit habe auch ich einen Rassismus gepflegt!

 

Ich hab´ ihnen dann wenigstens noch erzählt, dass meine Omi im heutigen Tschechien geboren ist, und mein Opa aus dem heutigen Polen stammt. Mir sieht man das nicht an. Aber ich habe hier aufgrund des Aussehens der beiden, also einem Rassismus-Kriterium eine Annahme über Fremdheit gemacht. Ich habe damit ausgesondert. Mir ist da klar geworden, die Frage nach der Herkunft zu stellen ist heikel. Gerade hörte ich in einem Theaterstück. Wenn bei den Sinti ein Fremder auftaucht, dann frage man nie danach, wo er herkomme, sondern ob er Hunger und Durst habe. Ja, Fokus auf das gemeinsam menschliche, nicht auf das möglicherweise Trennende. 

 

Wir brauchen dringend gut organisierte Zuwanderung 

 

Wir brauchen Menschen, die zu uns kommen und müssen ihnen hier eine Heimat anbieten. Wir haben riesige Probleme mit Fachkräftemangel, sind dringend auf Migration angewiesen, damit das Gesundheitssystem oder auch die Gastronomie weiter funktionieren und unsere Renten weiter finanzierbar bleiben. Wer soll uns sonst pflegen, wenn wir es brauchen werden? Wenn da jetzt nicht vorgebaut wird, wird es echt düster für uns, für die geburtenstarken Jahrgänge! Wie ist das bei Euch in Frankreich. Wie schwierig es bei Euch im Gesundheitssystem ist, hast Du ja schon mal erzählt. 

 

Vor zwei Jahren hatte ich Dir auch von der Verfilmung der Wannseekonferenz geschrieben. https://www.zdf.de/filme/die-wannseekonferenz/die-wannseekonferenz-104.html Jene Konferenz 1942, in der die Nazis die Ermordung der europäischen Juden planten. Diese Passagen meiner Briefe an Dich schienen vor einem Jahr für den Podcast auch eher streichenswert. Zu krass und zu weit weg erschien das da. Aber nun hat diese Konferenz mit den Potsdam-Gesprächsrunden der heutigen Ultrarechten eine erschreckend neue Realität bekommen. 

 

Mehrere Millionen auf den Straßen für Demokratie und Vielfalt ...

 

Wenigstens sind nun viele Menschen hier aufgewacht. Im Januar gab es Massendemonstrationen mit insgesamt mehreren Millionen Menschen in allen großen Städten Deutschlands - hast Du bestimmt mitbekommen. Ich war mit über 100.000 Demonstranten in Düsseldorf und das tat so gut. Auch hier in Solingen waren wir mit über 5000 zehnmal mehr als Impfgegner und Coronaleugner hier vor zwei Jahren auf die Straße gingen. 

 

... aber 15,7 % sind bundesweit immer noch für die AFD

 

Aber die Umfragewerte der AFD sind bislang lediglich um 5% gesunken. Noch immer halten sie sich bundesweit bei schwindelerregenden 15,7% (Stand: 4.6.24). Die AFD ist nach der CDU bei uns jetzt zweitstärkste Partei, ich kann’s echt nicht fassen. 

 

Vor zwei Jahren habe ich mich noch über Euch gesorgt, wieviele bereit sind, bei Euch Marine Le Pen und Eric Zemmour zu wählen. Nun haben wird gleich hohe Umfragewerte auch bei uns!

 

Tja, "Schritt, Schritt, atmen" - und vor der eigenen Türe kehren! Mal wieder ein gutes Beispiel für den Splitter im Auge der anderen und den Balken vor dem eigenen. Sorry, meine Liebe! 

 

Im September wird bei uns in drei ostdeutschen Bundesländern gewählt. Der Zuspruch sinkt ein bißchen, aber fast ein Drittel aller Wähler dort soll immer noch bereit sein, die AFD zu wählen. In Thüringen könnte, wenn die Umfragen denn recht behalten, ausgerechnet der ultrarechte Björn Böcke mit um die 30% der Wahlsieger werden. Die CDU kommt - nach den Umfragen - dort aktuell nur noch auf 20%. Die Ampelparteien unserer Regierung auf noch viel weniger. Vor 100 Jahren ist von Thüringen der braune Sumpf ausgegangen. Er scheint dort immer noch einen Schwerpunkt zu haben.  

 

Die demokratischen Parteien steuern leider bislang nicht genügend dagegen. Im Gegenteil, sie befördern diesen Zeitgeist zum Teil auch noch, indem sie versuchen, rechtes Wählerpotential abzufischen. 

 

Bündnis Sarah Wagenknecht - Stimmenfang mit simplen Populismen

 

Die ehemals Linke Sarah Wagenknecht ist nun klar nationalistisch. Sie hat ihre neu gegründete Partei verdammt eitel nach sich selbst genannt: „Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW)“. Sie macht Stimmung gegen Migranten, spielt also zwei bedürftige Gruppen gegeneinander aus. In der traditionellen Linken hat man bislang immer alle als "das internationale Proletariat" zusammen gesehen. Sarah Wagenknecht spaltet sie nun auf in die Guten - die von uns - und in die bösen: "die Migranten", die wir nicht mehr reinlassen dürfen. 

 

So versucht sie bei der AFD abzufischen. Sie hat damit auch manifest Erfolg. Ich finde, sie macht damit deren Weltbild noch weiter gesellschaftsfähig. In Thüringen waren ihre Umfragewerte im Mai 2024, nur ein halbes Jahr nach der Parteigründung, bei 14%.

 

Ob sie sich dann mit der AFD zusammen tun wird? Ausgeschlossen hat sie es nicht. 30% für Björn Höcke und 14% für Sarah Wagenknecht, das ist nicht mehr weit von der absoluten Mehrheit. 20% CDU und 14% Sarah Wagenknecht ist deutlich weiter entfernt von Regierungsfähigkeit. 

 

Mit der AFD hat sie jedenfalls eine erschreckend große gemeinsame Schnittmenge. Sie will, dass wir aufhören die Ukraine zu unterstützen. Sie ist Putin-Versteherin, war Impfgegnerin und verbreitet auf ihren Wahlplakaten simpelste Populismen: „Krieg oder Frieden?“, „Gier oder Gerechtigkeit?“ Ja, wenn das alles so einfach wäre … 

 

Bundesweit liegt ihr Bündnis in Umfragen zwischen 5% und 7%. Fünf Prozent braucht es, um bei uns ins Parlament zu kommen. Wir werden also wohl weiter mit ihr zu tun haben. 

 

Klimaziele - kein Thema im Parteigründungsdokument der Sarah Wagenknecht

 

Im Gründungsdokument ihrer Partei sind Klimaziele nicht erwähnt. Vollständiger Umstieg Deutschlands auf Erneuerbare, Emissionshandel, Verbrenner-Aus - das Bündnis Sarah Wagenknecht will das verhindern. Da ist sie sich auch mit der CDU einig. Sie will wie die FDF auf „neue Technologien“ setzen, heißt also, unser Klimaproblem auf später verschieben. Und sie will erst mal wieder russisches Gas importieren, was unsere aktuelle Regierung mit so viel Mühe durch andere Quellen ersetzt hat. „Ampel oder Überholspur?“ steht auf den Plakaten von Sarah Wagenknecht. Mir sieht das eher nach „Ampel oder Rückwärtsfahren?“ aus. 

 

großes Potential frustrierter Wähler

 

Es gibt leider ein großes Potential von gefrusteten Wählern, aus dem sie schöpfen kann.

 

Die Stimmung ist schlecht gegenüber unserer Ampel. Die FDP spielt Opposition in der Regierung, blockiert, wo sie kann. Sie hat dabei die Hälfte ihrer Wählerstimmen eingebüßt. Aber verändert hat sie ihr Verhalten nicht. Nicht endender Streit in der Regierung war gut ein Jahr ein ständiges Thema in der politischen Berichterstattung. 

 

Von Scholz wird Führung verlangt, aber es fehlt ihm echt an Charisma. Und wenn er führt, zum Beispiel sagt, keine Taurus-Raketen an die Ukraine, weil damit auch Moskau beschossen werden könnte und weil er nicht verantwortlich sein will dafür, dass Putin Deutschland als Kriegspartei behandelt, uns also schützen will und nur gemeinsam und abgestimmt gegen Putin vorgehen, dann ist es auch nicht recht. Dabei sind wir Deutschen nach den USA eh schon der zweigrößte Unterstützer der Ukraine.

 

CDU/CSU haben die Grünen und nicht die AFD zu ihrem Feind erklärt

 

Unsere CDU unter Friedrich Merz versucht derweil ebenfalls am rechten Rand zu fischen, die CSU ist der rechte Rand. Merz hat von "kleinen Paschas" gefaselt und von Migranten, "die uns die Zahnarzttermine klauen".

Ja es gibt Machoverhalten und patriarchale Strukturen in bestimmten Migrantenkreisen. Gegen die muss was unternommen werden und SPD und Grüne war auf diesem Auge oft zu blind.  Aber diese Generalismen, das ist populistische Hetze. 

Unsere ehemalige Partei der Mitte hat unter Merz nicht etwa die in weiten Teilen erwiesen rechtsradikale AFD zu ihrem größten Feind erklärt, sondern die Grünen. Sie brandmarkt die Grünen immer wieder als "Verbotspartei".

 

Und unter den Klimaaktivisten gibt es dann noch jede Menge Leute, denen die Grünen nicht mehr grün genug sind. In einer Regierungskoalition muss man natürlich Kompromisse machen. Das ist Demokratie, die Krux ist freilich, dass uns der Klimawandel wirklich im Nacken sitzt. Unser Expertenrat für Klimafragen hat gerade wieder festgestellt, dass wir die Klimaziele verfehlen werden. Die Klimaaktivisten haben recht, es ist definitiv nicht genug.  

https://www.tagesschau.de/inland/klima-experten-rat-gutachten-ziele-2030-100.html

 

"Letzte Generation" will Partei werden

 

Was hast Du bei Euch von der  "Letzten Generation" mitbekommen? Sie sollen ja international aktiv sein. 

Hier haben sie inzwischenaufgehört, sich protestierend auf Straßen festzukleben, diese zu blockieren, Bilder und Gebäude zu beschmieren, also sie kommen langsam raus aus den Kinderschuhen. Das finde ich gut, zur Europawahl wollen sie nun kurzfristig als Partei antreten. Ob das dem Klimaschutzes dienen wird, wenn sich, die, die dafür einsetzen, zersplittern? Bodo meint nein. „Teile und herrsche“, das sei schon immer eine wirksame Strategie gewesen, um Gegner zu schwächen, meint er. 

Dass die „Letzte Generation“ ihre Energie jetzt politisch strukturiert einsetzen will, dass sie aufhören Autofahrer zu verärgern, die dann von Klimawandelbekämpfung am Ende gar nichts mehr wissen wollen, finde ich eher gut. 

 

Bürgergruppen bundesweit 

 

Sie organisieren sich jetzt in Bürgergruppen, sammeln bundesweit Input. Ich hab´ bei einer solchen Runde zugehört. 30 Leute an einen Nachmittag. Sie formulierten Ideen. Es lief gut strukturiert. Die Leute, die da waren, waren manifest sehr engagiert und dabei bemüht um gewaltfreie Kommunikation und respektvollen Umgang. Spürbar auch, wie wichtig ihnen die Stärkung von Europa und unserer Demokratie ist und wie wichtig sie finden, den Einfluss von Lobbygruppen zurück zu drängen. Die Interessen von uns als Bürgern wollen sie in den Vordergrund bringen. Lobby control - ein wichtiger Punkt - wissen wer spendet für welche Partei und wieviel? Zum Beispiel Abschaffung der Nichtigkeitsgrenzen von Parteispenden. Hier liegt sie bei 10.000 €. Dann machen es die Spender so, dass mehrere Spenden für 9999 € überwiesen werden. Sowas muss aufhören. Da bin ich voll dabei. 

Und Bürgerräte wollen sie installieren, also mehr Menschen in politische Teilhabe bringen, auch das finde ich sehr sinnvoll. Wenn Menschen das Gefühl bekommen, dass sie was bewegen können, reduziert das die Politikverdrossenheit. 

Ein minimaler Einblick, davon kann ich noch nicht auf das Ganze schließen. Öffentlich erklärtes Ziel der „Letzten Generation“ ist „Brüssel aufmischen“. Wie das dann wohl aussehen soll?

 

Politk-Narr Sonneborn und "Die Partei"

 

Das klingt mir ein bißchen nach „Die Partei“, also nach dem Satiriker und Europa-Abgeordneten Martin Sonneborn. Er war früher Chefredakteur des Satireblattes Titanic. Seine oft zynisch-satirische Art, mit dem er seit 2014 den Polit-Narren in Brüssel gibt, mit Plakaten wie „Nazis töten“ finde ich zuweilen sehr fragwürdig. 

„Nazis töten“ - man kann das als Aussage oder als Aufforderung lesen. Das finde ich sehr sehr grenzwertig. Mit sowas zu spielen, verstehen intelligente Leute. Aber Ironie ist nicht für alle geeignet. 

Und Sonneborn stimmt bei Abstimmungen, in denen es klare Mehrheiten gibt, seine Stimme also nichts ausmacht, abwechselnd mit Ja und mit Nein, egal was der Inhalt der Frage ist. Das finde ich, ist ein völlig unpolitisch absurdes Verhalten. Manche Leute finden das witzig und wählen ihn deshalb. Mir ist das definitiv zu unernst. 

 

"Wir werden sie jagen" 

 

Und „Nazis töten“ auf Plakate zu schreiben, das ist kaum besser als das, was etwa der AFD-Spitzenkandidat Alexander Gauland 2017 verkündete, nachdem seine Partei mit 13,7% in den Bundestag eingezogen war: 

 

"Da wir ja nun offensichtlich drittstärkste Partei sind, kann sich diese Bundesregierung (…) warm anziehen. Wir werden sie jagen, wir werden Frau Merkel oder wen auch immer jagen – und wir werden uns unser Land und unser Volk zurückholen."

 

Diese Saat, die geht nun auf: 

 

Die Leserbriefe in unserer Lokalzeitung werden immer hetzerischer - und werden trotzdem noch abgedruckt. Ich würde mir da mehr Kontrolle wünschen. Aber vermutlich fürchtet man den Vorwurf, die Mainstream-Medien seien ja alle gleichgeschaltet, nur in den sozialen Medien könne man noch „seine Meinung“ sagen. Herrje, das ist alles nicht so einfach. 

 

Das ist wie mit den Privaten Radios in den 90er Jahren. Die Öffentlich-Rechtlichen passen sich an - und sie verlieren dabei. 

 

Gewaltverherrlichung und "Ausländer-Raus-Lieder" im Edellokal

 

Hier in Solingen, auf unserem historischen Marktplatz in Gräfrath standen wir gerade beim Marktfest mitten unter den feiernden Leuten neben einem Paar zwischen 50 und 60. Sie waren über und über tätowiert mit martialischen Bildern und mit der typischen altdeutschen Nazischrift auf ihrer Haut. Der Mann hatte eine riesige, blutrote Hand auf dem Rücken seines weißen T-Shirts. Gruselig. 

Ich kannte das Symbol kleiner roter Hände bislang als Protestzeichen gegen den Einsatz von Kindersoldaten. Aber das war keine Kinderhand da auf dem T-Shirt. Inzwischen habe ich herausgefunden, dass die blutige Hand auch als Zeichen von der Hamas genutzt wird, nachdem vor einigen Jahren zwei israelische Soldaten von Hamas-Leuten ermordet wurden und die Täter dann stolz ihre blutigen Hände in die Kameras reckten, ist die blutige Hand auch ein Zeichen  für den Kampf der Hamas gegen Israelgeworden. 

Was auch immer das Zeichen bedeuten soll, eine blutrote Hand auf einem weißen T-Shirt ist eindeutig ein Zeichen mindestens für Gewaltverherrlichung. Die Bereitschaft dazu ist dann irgendwann leider auch nicht mehr weit. Die beiden haben nichts gesagt. Brauchten sie auch nicht. Ihr Auftritt mit all diesen Zeichen auf ihrer Haut war Aussage genug. 

Und wie davon ermutigt, schwafelte gleich daneben einer von den Hahneköppern, das ist ein traditioneller Männerverein hier vor Ort mit Hahn-Tötungs- und Saufritualen, von „den Ausländern, die hier raus müssten“. 

 

Wir standen da und fragen uns, was tun? Die Leute gelten ja auch als gefährlich. Mir hat das echt das Fest vergällt. Wir sind dann sehr frustriert heim gegangen - und waren damit tatsächlich ein Teil der schweigenden Mehrheit - und das erschreckt mich am meisten. Hast Du eine Idee, wie man mit einer solchen Situation anders umgehen könnte? 

 

Auf Sylt, im Edellokal in Kampen haben kürzlich Leute, die manifest reich sind, nämlich 150 € Eintritt für die Party bezahlt haben, „Ausländer raus - Deutschland den Deutschen“ gesungen. Das passiert wohl jetzt öfter. Die Leute geben sich untereinander zu erkennen, testen aus, ob sie schon die Mehrheit sind ... Ich finde das sehr unheimlich. Das muss aufgehalten werden! 

 

Politiker krankenhausreif geprügelt beim Plakat-Aufhängen

 

Im beschaulichen bayrischen Immenstadt wurde gerade ein Obdachloser auf der Straße von einem 17jährigen so geschlagen, das er wenige Stunden danach an einer Hirnblutung starb. Er war nach Jahren in Berlin in seinen Heimatort zurückgekehrt. 

 

Und beim Aufhängen von Plakaten für die Europawahl wurde Matthias Ecke, Europa-Kandidat der SPD für Sachsen Anfang Mai in Dresden so übel zusammengeschlagen, dass er mit Brüchen von Jochbein und Augenhöhle im Krankenhaus operiert werden musste. Vier 17-18jährige Täter wurden inzwischen identifiziert. 

 

Besonders die Ampelparteien sind jetzt im Visier. Für die Grünen wird der Stempel „Verbotspartei“ ständig genutzt und auch deren PolitikerInnen wurden schon tätlich angegriffen. Die Wahlplakate werden übel beschmiert. 

 

Das fatale Heizungsgesetz

 

Beim Heizungsgesetz hat unser grüner Wirtschaftsminister Robert Hobeck leider nicht geschafft, eine überzeugende Kommunikation hinzukriegen. Das Heizungsgesetz, dass das Ende von Gasheizungen vorbereiten und den Einbau von Wärmepumpen befördern sollte, wurde durchgestochen, bevor es fertig war, bevor Fördern und Fordern sinnvoll verbunden waren. So haben die Grünen geschockt mit dem, was sie für nötig hielten. Um das Gesetz war monatelang Streit, und es kursierten dann auch eine Menge Falschinformationen. Das Ergebnis war fatal. Nicht wenige Hausbesitzer ließen sich noch ganz schnell eine Gasheizung einbauen. Die Nachfrage nach Wärmepumpen erlebte einen Einbruch. Von Weitblick der Hausbesitzer zeugt das nicht. Mit der CO2-Abgabe werden die Gaspreise weiter steigen, während mit dem Ausbau der Erneuerbaren in absehbarer Zeit die Strompreise für Wärmepumpen billiger werden. Und das Dämmen von Häusern macht sowieso Sinn. Aber natürlich kostet das was. Aber die Energiepreise, die wir laufend zu zahlen haben, kosten auch und sie werden weiter steigen. 

 

Heilige Kuh von FDP und CDU: die schwarze Null

 

Schwierig ist das alles mit dem Koalitionspartner, der  FDP, die so viel blockiert und mit einer CDU in der Opposition, die alle geplanten Zukunftsinvestitionen und die dafür nötige Neuverschuldung mit einem Verfassungsgerichtsurteil gekippt hat. Die Grünen wollen investieren, damit die Wirtschaft sich in nachhaltige Richtung entwickelt. Unser Finanzminister Lindner von der FDP steht auf der Bremse und beharrt auf der schwarzen Null, also keine Neuverschuldung. Also ist da ein dauerndes Ringen. 

 

CDU will Verbrenner-Aus rückgängig machen und Atomkraftwerke wieder anschalten

 

Und die CDU, die verspricht nun, nachdem die Atomkraftwerke abgeschaltet wurden, verschiedene Rollen rückwärts: Das Verbrenner-Aus für die Autos soll wieder weg, die Kernkraftwerke sollen wieder angeschaltet werden. Das hat Merkel zusammen mit der FDP ja schon mal gemacht, das von Rot-Grün initiierte, vor 20 Jahren begonnene Aus für Atomkraft wieder abgeschafft und dann wenige Wochen nach Fukushima 2011 wieder eingeführt. Nun also „Atomkraft wieder anwerfen 2.0“? Vielleicht noch mal der Atomindustrie Milliarden unserer Steuergelder in den Rachen schütten statt sie in den Ausbau der viel billigeren und so viel weniger gefährlichen Erneuerbaren zu stecken?  

 

Vor zwei Jahren, vor Eurer Stichwahl zwischen Emanuel Macron und Marine Le Pen sagtet Ihr, Ihr wüsstet nicht mehr, wen Ihr guten Gewissens wählen könnt. Ihr hättet nur die Wahl zwischen Pest und Cholera. Hier glauben das viele jetzt auch, wobei ich ja immer noch meine, es gibt einen entscheidenden Unterschied zwischen Macron und Le Pen. Macron ist Pro Europa, Le Pen will Europa entmachten. America First, Frankreich first, Italien First … wie soll das gehen?  Wir brauchen ein starkes Europa. 

 

Das Weichspülprogramm von Meloni und Le Pen vor der Europawahl 

 

Wie findest Du, dass Marine Le Pen jetzt zusammen mit italienischen Neu-Faschistin Giorgia Meloni unsere AFD rausgeworfen hat aus der Koalition der Rechten in Europa? Sie war ihren angeblich zu extrem. Wie schätzt Du das ein? Ich fürchte, die beiden versuchen sich auf diese Art weichgespült zu geben, damit sie harmloser wirken und für die Mitte der Gesellschaft wählbarer werden. 

 

Und so wirkt es auch schon. Von der Leyen, deren "Green Deal" jetzt viele anfeinden, nähert sich Meloni an. Kürzlich machten die beiden Bussi Bussi wie alte dicke Freundinnen. Melonis Ziel bei der Gründung der postfaschistischen Fratelli d´Italia war, das Erbe von Mussolini weiter führen zu wollen, als dessen Retterin aufzutreten, damit es nicht sterben möge. Nun regiert sie erst mal gemäßigter, als man es von ihr erwartet hat. Wie würde sich das wohl entwickeln, wenn sie noch mehr Stimmen bekäme? Kürzlich hat sie schweigend zugeschaut, als eine Gruppe von Italo-Faschisten den römischen Gruß gemacht hat, die hochgereckte Hand, die zu zeigen bei uns bei Strafe verboten ist, weil sie der Hitlergruß war. 

 

Gestern habe ich einem Webinar von Europe Calling zu dieser Frage zugehört. https://europe-calling.de/webinar/meloni-italien/

Ich kann Dir das Format auch sonst sehr empfehlen!

Die nehmen sich Zeit. Es wird viel erklärt. Ich habe dort schon viel gelernt. 

 

Meloni ist sehr geschickt. Sie gibt sich auf Europaebene weichgespült, und pflegt das Image der  Mama, alleinerziehend, kompetent, sich kümmernd. Ja, die von den Faschisten und den Italienern so geliebte Mutterschaft.

 

Mama Meloni und ihr Ausbau der rechten Macht in Italien 

 

Aber in Italien läuft deutlich ein Umbau für meine Machtkonzentration. Erstes Schikanierungen haben gegenüber Regenbogenfamilien begonnen. Adoptivmüttern in lesbischen Beziehungen wurden Rechte entzogen. Nur noch die leibliche Mutterschaft soll gelten, die leiblichen Mütter müssen nun zu allem gefragt werden. Die Adoptivmutter, bei der das Kind lebt, soll dieses jetzt etwa nur noch mit der schriftlichen Erlaubnis der Leihmutter von der Schule abholen dürfen. 

 

Kulturinstitute werden neu besetzt. Bei der Rai, dem öffentliche Rundfunk, der früher mit seinen drei Sendern von den unterschiedlichen politischen Gruppierungen im Land gestaltet wurde, wurden leitende Posten neu besetzt. Eine Justizreform ist in Vorzubereitung - Melonis folgt ihrem Vorbild Victor Orban und wie er Ungarn umgebaut hat. Im EU-Parlament hat sie jeweils dagegen gestimmt, wenn Orban EU-Gelder entzogen werden sollten, weil er sich nicht an die Rechtstaatlichkeitsprinzipien der EU hält. 

Auch eine Wahlreform für das Präsidialamt in Italien ist in Vorbereitung. Meloni will, dass zukünftig der Präsident - sie nennt sich selbst im Maskulinum „il presidente“ nicht „la presidenta“ - vom Volk gewählt werden soll. Wenn alles nach Plan läuft, wird sie irgendwann sechs der sieben Sender im Land unter ihrem Einfluss haben. Dann ist es leicht, wieder gewählt zu werden. Wir kennen das von Putin und Erdogan. Wenn die Opposition keine Stimme mehr hat, sind Wahlen irgendwann nur noch Makulatur. Und bei Misstrauensvoten soll nicht mehr neu gewählt werden, sondern jemand anders aus der gewählten Partei soll dran kommen, die Regierungskonstellation bis zum Ende der Legilaturperiode bleiben. Meloni ist jung - wenn sie das alles durchsetzt, werden wir noch sehr lang mit ihr zu tun haben. Erklärtes Ziel der Rechten ist, die Demokratie mit ihren eigenen Mitteln aus den Angeln zu heben. Meloni macht vor, wie das gehen kann. Ich finde das hochgefährlich. 

 

Artenvielfalt oder Glyphosat ?

 

Und gewaltbereite Bauern haben nicht nur bei uns, auch bei Euch und in anderen Ländern mit ihren Traktoren den Verkehr lahmgelegt. Überrollt fühlen sie sich von der EU-Agrarpolitik, die für mehr Artenvielfalt sorgen will, die ihnen unter anderem ihr Glyphosat nehmen wollte - und es dann doch nicht tat. Ja sorry, für unser Bayer - ich  konnte es echt nicht fassen. Die haben sich tatsächlich die Rechte am Glyphosat aus Amerika gekauft, als schon bekannt war, wieviel Schäden Glyphosat verursacht. Was manche Manager entscheiden, ich kann es echt nicht verstehen. Die Bayer-Aktie hat dadurch massiv verloren. 

 

Du hast es so treffend gesagt bei unserem letzten Besuch bei Euch, mit Deinen beiden zu Waagschalen geformten Händen: „Was wählen? Artenvielfalt, die Grundlage unseres Lebens oder Glyphosat als Zerstörer der Artenvielfalt? Kann man da eigentlich noch zweifeln, wie man sich entscheidet?“ 

Unsere Politik tut es, weil die Bauern demonstrieren. Glyphosat ist ja so praktisch. Und die Politiker, sie wollen wieder gewählt werden. Es ist zum Mäusemelken. 

 

Alle Rechten leugnen oder verharmlosen den Klimawandel

 

In den Niederlanden waren die Bauern bei den letzten Wahlen entscheidend für den Wahlsieg des Rechtspopulisten Geert Wilders. Und bei den Europawahlen im Juni soll uns nun auch ein Rechtsruck bevorstehen.

 

Die Rechten, sie leugnen oder verharmlosen den Klimawandel. Die sollten sich mal bei Euch den Zustand Eurer Wälder anschauen. Mir macht das echt Sorgen, was ich da gesehen habe, so nah an Eurem Haus. Da genügt im Sommer doch eine achtlos weggeschnippte Kippe und dann brennt es lichterloh! Gehen die eigentlich nie mit offenen Augen spazieren? 

 

Rechtsextreme Parteien wie unsere AFD und die postfaschistischen Fratelli D´Italia von Giorgia Meloni könnten ihre Parlamentssitze verdoppeln, sagen Studien. Unser Europakandidat der AFD Maximilian Krah ist nun gerade aufgeflogen mit einem Mitarbeiter, der für China spioniert hat, also bei ihm läuft es gerade nicht so gut. 

Vor 50 Jahren ist Willi Brandt wegen Spionage seines Mitarbeiter Günter Guillaume als Kanzler zurückgetreten. Die AFD hat entschieden, Krah soll nun lediglich keinen Wahlkampf mehr machen, aber Kandidat ist er geblieben.  

Was vor 50 Jahren sofort zu einem Rücktritt geführt hätte, läuft heute als Kavaliersdelikt. Die Leute werden trotzdem gewählt. Trump steht wegen x betrügerischen Vorgängen vor Gericht, seine Fans beflügelt das nur weiter. Je mehr er gerichtlich verfolgt wird, desto größer wird sein Fan-Club. Ich versteh es nicht! Die Hetze hat funktioniert, die Leute glauben den Institutionen unseres Rechtsstaates nicht mehr. 

 

Europa-zerstörer, Klimawandelleugner und Hetzer auf dem Vormarsch

 

In einem Drittel der EU-Staaten könnten europakritische Parteien auf dem 1. Platz landen. In einem weiteren Drittel wird erwartet, dass sie zweistärkste Kraft werden. Dies in einer Welt, in der China und Russland immer stärker werden und Europa an Bedeutung verliert. Da muss man doch umso stärker zusammen halten! 

 

Nach einer weiteren Studie gaben in mehreren europäischen Ländern 40% der Befragten an, dass sie sich nach autoritärer Führung sehnen. 

 

Ich frage mich, wie passt das zusammen mit den Anti-Corona-Demos, wo schon die Verordnung von Masken und von Zuhause-Bleiben Tausende auf die Straße trieb und behaupten ließ, wir befänden uns in einer Diktatur. Dabei kämpfte hier lediglich eine hilflose Politik mit einem unbekannten Virus und wollte ihre Bürger irgendwie vor Ansteckung schützen.  

 

Ich schicke Dir hier Auszüge aus einem Text von Andreas Leyer von den Solinger Parents for Future. Er nennt sie „Gedankenfetzen“. Ich verstehe die Sorgen, die er hat. So viele Klimaaktivisten haben sie und zu Recht. Sie sind ja auch wissenschaftlich begründet. Über 90% aller Klimaforscher teilen die Einschätzung, dass wir dringendst bei der Bekämpfung des Klimawandels ins Handeln kommen müssen. 

 

Und gerade hat der Expertenrat für Klimafragen unserer Regierung bescheinigt, dass nachgelegt werden muss, dass wir die Klimaziele von Paris verfehlen werden. https://www.tagesschau.de/inland/klima-experten-rat-gutachten-ziele-2030-100.html

 

 

Die Sorgen eines Klimaaktivisten

 

Was? – kann ich tun. 

Klimakrise – gibt’s immer noch – klar – geht auch nicht mehr weg – so viele Krisen – Starkregen – Dürre – Hitze – Insekten – sterben – Tiere – sterben – Moore – trockengelegt – Wälder – abgeholzt – sterben – Böden – ausgelaugt – vergiftet – Trinkwasser – hochbelastet – Meer – verdreckt – leergefischt – Golfstrom – Eis – Permafrost – Kipppunkte – Erde an der Belastungsgrenze   – Armut – soziale Ungerechtigkeit – Krieg – Flucht – macht Angst – zieht runter – brauche heißen Tee und die Couch! 

Was? – kann ich tun. – fahre fast nur noch Fahrrad – mit Bus und Bahn – will keinen Verbrenner mehr … – Car-Sharing? – mit E-Auto – brauche Anhängerkupplung – hier – unmöglich – E-Auto bestellt - Verbrenner verkauft – 4 Monate ohne Auto – geht überraschend gut – nur ca. 2 x im Monat Auto gebraucht – reduziere Fleisch  und Milchprodukte  – früher unvorstellbar – geht – kaufe konsequent Bio – regional – saisonal – Solaranlage – thermisch – erledigt – Photovoltaik – erledigt – Was? – kann ich noch tun. 

Sehe ein – vielleicht nichts – Flughäfen voll – bin frustriert – Straßen verstopft – bin frustriert –  Gemeinwohl? – Überlebenswille? – Letzte Generation – gewaltlos – Hoffnungsschimmer – hoffe auf sozialen Kipppunkt – aber Überbringer – schlechter Nachrichten – werden gesteinigt – Bauern – Mob – werden hofiert – sehe ein – nur Politik kann verändern –  eine Partei will – kann aber nicht – die anderen wollen nicht – erschreckend – fossile Lobbyisten – Klimaleugner – in hohen Ämtern – weltweit vernetzt – sind doch auch betroffen – Geld kann man nicht essen – brauche wieder Tee – und die Couch – Was? – kann ich noch tun? 

Raffe mich auf –  trete ein – Grüne – merke schnell – dauert zu lange – Zeit – haben wir nicht – bleibe trotzdem – Hoffnung – Was? – kann ich noch tun – im Kleinen? – Nabu – helfe mit – tut gut – Probleme bleiben – Was? – kann ich noch tun – treffe Menschen Parents for Future – mit gleichen Gedanken – das tut so gut – muss man nicht überzeugen – und kann man das? – andere überzeugen – immer mehr – wählen rechtsextrem – Abschottung – Warum? – macht es nur schlimmer – ist der Mensch so – gemeinsam – ginge doch viel besser - Wunschdenken – eine Welt – zusammen – das könnte funktionieren – eine Utopie? 

 

Eine Welt zusammen - das ist die Antwort, nicht die Frage

 

Eine Welt zusammen. Für mich ist das definitiv keine Frage. Nein, das ist keine Frage. Es ist auch keine Utopie. Es ist die Antwort.

 

Veränderungen können wir nicht allein bewirken. Wir müssen die Menschen gewinnen, dass sie mitgehen. Wir müssen uns zusammen tun, uns gegenseitig stärken, unsere Demokratie in der Waage halten, positive Energie erzeugen. Für mich hängt das alles eng zusammen mit der Gerechtigkeit in der Gesellschaft  und mit einem positiven Geist des Aufbruchs. Aber wie kriegen wir den hin?

 

Ich halte es immer noch mit der Hoffnung und dem Glauben daran, dass Utopien keine fernen Länder sind, sondern Vorstellungen wie eine bessere Welt sein könnte, zu der wir uns hin entwickeln können. Die Geschichte der Utopien zeigt es. Was mal wie eine Utopie erschien, etwa die Pariser Commune, was damals dort gefordert wurde, so viel ist heute selbstverständlich für uns. 

Oder die Souffragetten, die einst für das Wahlrecht der Frauen kämpften. Entwicklungen gehen immer mit Kämpfen und und mit viel Gegenwind der beharrenden Kräfte einher. Veränderungen sind nie einfach. Es gibt immer erst mal Kämpfe darum. 

 

Nur gemeinsam entsteht der Blick auf das Ganze

 

Austausch ist wichtig. Kompromisssuche, Aufeinander zugehen, einander zuhören, versuchen zu verstehen. Jede(r) schaut aus seiner/ihrer Perspektive und jede Perspektive ist ein Blick auf das gleiche Ding. Nur gemeinsam bekommen wir den umfassenden Blick auf das Ganze. Wie wichtig das ist, hat unser Weg aus dem Dissens von vor zwei Jahren gezeigt. Das ist gelebte Demokratie, Dein Blick und mein Blick - auf diese Welt - multiperspektivisch, nur so können wir sie annähernd erfassen. 

 

So betrachtet müsste unsere Ampel eigentlich ein "wining team" sein. Die Umstände aber waren denkbar ungünstig mit all den zu bewältigenden Krisen und dem Ukraine-Krieg mit allen krassen Auswirkungen auf die Energiepreise, daraus folgend die Inflation, nun das Einknicken unserer Wirtschaft. Die kamen ja kaum zum Atmen. 

 

Soziale Verwerfungen, zerstörte Natur, verbrauchte Ressourcen

- so kann auch die Wirtschaft nicht blühen.

 

Die Ampel, dass sind die drei Parteien, die das Dreieck der Nachhaltigkeit bilden: Die FDP schaut auf die Wirtschaft, die Grünen auf die Ökologie, die SPD auf das Soziale - nur wenn alle drei im Gleichgewicht gehalten werden und ihre Interessen aufeinander abstimmen, kann das System dauerhaft funktionieren. Mit sozialen Verwerfungen, zerstörter Natur, verbrauchten Ressourcen kann auch die Wirtschaft nicht blühen.

Das sehen viele Unternehmer schon ganz von selbst ein. Nicht wenige hatten sich, noch bevor jetzt das EU-Lieferkettengesetz für fairere Arbeitsbedingungen und mehr Umweltschutz abgestimmt wurde, schon selbst auf den Weg gemacht. Aber die FDP hat trotzdem noch versucht, es im Europaparlament aufzuhalten. Eine Wirtschaftspartei, die nur auf den kurzfristigen Profite schaut, aber nicht auf das, was die Stunde geschlagen hat. 

 

Klimafolgen: wirtschaftliche Verluste weltweit bis 2050 19%, bis 2100 bis zu 60% 

 

Unser Potsdam-Institut für Klimafolgen-Forschung hat jetzt im April in der Zeitschrift Nature eine Studie veröffentlicht über die Auswirkungen, die der Klimawandel auf die Wirtschaft haben wird, wenn wir nicht gegensteuern:  

 

„Selbst wenn Treibhausgas-Emissionen ab heute drastisch reduziert würden, müsste die Weltwirtschaft aufgrund des Klimawandels bis 2050 bereits mit einem Einkommensverlust von 19 Prozent rechnen. Diese Schäden sind sechsmal höher als die Vermeidungskosten zur Begrenzung der globalen Erwärmung auf zwei Grad. Auf der Grundlage von empirischen Daten aus mehr als 1.600 Regionen der letzten 40 Jahre haben Forschende des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) die zukünftigen Auswirkungen veränderter klimatischer Bedingungen auf das Wirtschaftswachstum berechnet.

 

Was wir jetzt an der Klimawandelbekämpfung sparen, kostet später sechs mal so viel 

 

„Unsere Studie zeigt, dass der Klimawandel innerhalb der nächsten 25 Jahre in fast allen Ländern der Welt massive wirtschaftliche Schäden verursachen wird, auch in Ländern wie Deutschland, Frankreich und den Vereinigten Staaten", sagt PIK-Forscherin Leonie Wenz, die die Studie leitete. „Diese Schäden innerhalb der nächsten Jahre sind eine Folge unserer bisherigen Emissionen. Wenn wir zumindest einige davon vermeiden wollen, brauchen wir mehr Anpassungsmaßnahmen. Zusätzlich müssen wir unsere CO2-Emissionen drastisch und sofort reduzieren - andernfalls werden die wirtschaftlichen Verluste in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts noch höher sein und bis Ende des Jahrhunderts im globalen Durchschnitt bis zu 60 Prozent betragen. Es kostet uns viel weniger, das Klima zu schützen, als dies nicht zu tun – und zwar selbst dann, wenn man nur rein wirtschaftliche Auswirkungen berücksichtigt und weitere Folgen wie die Verluste von Menschenleben oder der biologischen Vielfalt außen vor lässt.“

https://www.pik-potsdam.de/de/aktuelles/nachrichten/38-billionen-dollar-schaeden-pro-jahr-19-einkommensverlust-weltweit-durch-klimawandel

 

Ja, die heutige Welt - sie verlangt uns allen eine Menge Veränderungen ab. Es wird nicht mehr so weitergehen können! Lösungen dafür zu finden - ich finde, es gibt hier nichts Besseres als demokratische Prozesse, aber wir müssen sie dringendst beschleunigen und alle Blockierer abwählen.  

Und alles steht und fällt mit der sozialen Gerechtigkeit. Der Turbo-Kapitalismus hat ausgedient. Es kann so nicht weiter gehen. Nur manche haben das immer noch nicht kapiert oder wollen es nicht sehen, weil sie sich nicht bescheiden wollen, weil die Idee von Wachstum und Aufschwung, von höher, weiter, mehr, weil das immer noch für DIE Gewinnformel gehalten wird. Die bringt uns aber nur noch schneller Richtung Abgrund. 

 

Unser System der Naturausbeutung, es funktioniert nicht mehr

 

Wir müssen die Welt neu denken. Das ist nicht einfach und alles Unbekannte macht erst mal Angst. Wohl-Stand und Sicherheit, was die CDU hier so gern plakatiert, Geld und Schutz vor Kriminalität meinend - wir müssen das umdenken in Bezug auf den Schutz unserer Lebensgrundlagen. 

Unser System der Naturausbeutung, es funktioniert nicht mehr. Unbegrenztes Wachstum, das ist Krebs und der endet tödlich, wenn wir uns nicht entscheiden, unsere Art zu Leben anders anzugehen. 

 

Zwei Aktivisten von der „Letzten Generation“ sind nun schon seit Wochen im Hungerstreik. Sie fordern von der Politik, dass ausgesprochen wird, was auf dem Spiel steht - und dass gehandelt wird. 

Tragbare Lösungen für die Zukunft zu finden, das alles ist mit Ringen verbunden, mit dem Austausch von unterschiedlichen Blickwinkeln, mit der Suche nach Gemeinsamkeiten und Kompromissen, mit dem Gewinnen von Menschen. Gewinnt man sie mit Hungerstreik? Aber wie kann man sie gewinnen? 

 

Wahre Freundschaft heißt auch unterschiedlicher Meinung sein zu können 

 

Annalena Baerbock, unsere Aussenministerin hat eine schöne Rede zum 60. Geburtstag der deutsch-französischen Freundschaft gehalten. "Wahre Freundschaft", sagte sie, "bedeutet doch gerade nicht, dass man immer komplett einer Meinung ist, sondern wahre Freundschaft bedeutet, dass man sich, gerade wenn man ganz unterschiedlicher Meinung ist, in den anderen hineinversetzt, in seinen Schuhen läuft. Wahre Freundschaft bedeutet, anzuerkennen, dass der andere auch mal recht haben kann. … Wir müssen jeden Tag in die Freundschaft zwischen Deutschland und Frankreich investieren, mit persönlichen Begegnungen, mit konkreten Projekten, vor allem aber mit ganz viel Herzblut; denn unsere Freundschaft bleibt der Schlüssel für Frieden in Europa. Vive l’amitié franco-allemande! Vive l’Europe!“ 

 

 

Vive l´Europe - wir brauchen ein starkes einiges Europa! 

 

Oui, ma chère, so hat es Marylène auch immer gesagt. Vive l´Europe. Gemeinsam sind wir stärker als allein und stark müssen wir sein, um den Klimawandel anzugehen. Es gibt mächtige Potentaten in China und in Russland, die nichts lieber sehen würden, als dass wir uns zerstreiten, dass Europa schwächelt und die jeden Tag daran arbeiten, damit das so passiert. Aber am Ende sitzen wir alle zusammen im gleichem Boot - auf unserem einzigen Planeten, dieser Erde. 

 

Gemeinsam sind wir stärker, das ist keine Utopie, das ist einfach die Wahrheit. 

Was im Kleinen für Freundschaft gilt, das gilt auch im Großen für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft. 

 

Halt die Daumen, dass wir mit solchen Gedanken auch nach der Europawahl noch in der Mehrzahl sind. 

 

Je t´embrasse

 

Renate